Burbacher Gold – Kohle, Stahl und Eisenbahn. Ein Stück Saarbrücker Stadtgeschichte.

»Burbacher Gold. Kohle, Stahl und Eisenbahn – Ein Stück Saarbrücker Stadtgeschichte« ist eine

spannende Zeitreise, die Burbachs Geschichte in bunter Breite reich bebildert und gut recherchiert

präsentiert. »Burbacher Gold« ist nicht nur ein großes Burbacher Geschichtsbuch, sondern

eines für Saarbrücken und das Saarland.

Kohle, Stahl und Eisenbahn – das war das »Gold« der Industrialisierung, das Burbach einen

Wachstumsboom brachte und auch die Gründung der Großstadt Saarbrücken 1909 beflügelte. Die

Grube »Von der Heydt« schrieb Technikgeschichte. Die Burbacher Hütte war ein führender Lieferant

für die Eisenbahn und die Bauwirtschaft. Die Grube Luisenthal mit dem Alsbachtalschacht

stand für das Schwarze Gold an der Saar, aber auch für die Lebensgefahr des Bergmannberufs.

Auch das Ausbesserungswerk der Bahn erinnert an Burbachs große Industriegeschichte. Die

Arbeit unter Tage und auf der Hütte war eine harte und gefährliche Arbeit. Sie förderte eine Kultur

des Miteinanders und der Solidarität und formte damit einen kulturellen Schatz – insofern »Burbacher

Gold«.

Für die Bergleute und Hüttenarbeiter war der Weg zu wirtschaftlicher und politischer Teilhabe

lang. Dies wird ebenso beschrieben wie die angespannte Völkerbundzeit und die NS-Diktatur mit

ihrem Antisemitismus, Weltkrieg, Zerstörung und Zwangsarbeit. Bewegend dabei eine Reihe von

Burbacher Biografien, von Persönlichkeiten, die dem Nationalsozialismus widerstanden haben.

Die Hütte hat Burbachs Ortsbild massiv dominiert. Die bauliche Entwicklung, das Wohnen, Leben

und Einkaufen in Burbach sowie das Lebensgefühl der Menschen wird über 100 Jahre mit ihren

Brüchen nach den beiden Weltkriegen quasi wie im Film anhand von zahlreichen Fotos und Plänen

erlebbar.

Das Sterben der Hütte ab 1977 und das Ende der Drahtseilfabrik Heckel konfrontierten Burbach

brutal mit dem Strukturwandel. Diese Herkulesaufgabe gelang. »Burbacher Gold« beschreibt diesen

Prozess ausführlich. Statt Untergang kamen »Boomtown Burbach« und der Aufbruch in eine

neue Ära mit Dienstleistung, Mediengesellschaft und Informationstechnologie. Gleichwohl gibt

es noch viel zu tun.

»Burbacher Gold« erzählt auch die Geschichte von Burbachern, die als Sportler und Künstler

Weltkarriere gemacht haben. »Burbacher Gold« zeigt die große Burbacher Geschichte und

schärft den Blick auf die beeindruckenden und schönen Seiten von Burbach, die von vielen bisher

gar nicht wahrgenommen werden.

 

Hans-Christian Herrmann, Ruth Bauer (Hg.)

Burbacher Gold. Kohle, Stahl und Eisenbahn – Ein Stück Saarbrücker Stadtgeschichte

Format 24 x 30 cm, Festeinband, durchgehend farbig

480 Seiten, ISBN 978-3-941095-61-8, 39,90 €

Rezension des Bandes aus der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft:

Hans-Christian Herrmann/Ruth Bauer (Hrsg.): Burbacher Gold. Kohle, Stahl und Eisenbahn. Ein Stück Saarbrücker Stadtgeschichte (= Veröffentlichung des Stadtarchivs Saarbrücken, Bd. 4). Edition Schaumberg, Marpingen 2019, 477 S.

 

Während die Vorgängerbände der Veröffentlichungen des Stadtarchivs Saarbrücken (1. Saarbrücken in Fahrt. 125 Jahre Automobil an der Saar, 2011; 2. Saarbrücken à la Carte. Die Geschichte der Genussregion Saarland, 2012; 3. Schaufenster des Lebens. 150 Jahre Bahnhofstraße Saarbrücken, 2014) vor allem von regionalem Interesse waren, wird in Band 4 eine überregionale Thematik aufgegriffen.

Am 1. April 1909 wurden die selbstständigen Städte Saarbrücken, Sankt Johann und Malstatt-Burbach unter der Bezeichnung Saarbrücken zu einer Stadt vereinigt. Burbach hatte sich innerhalb eines Jahrhunderts von einem kleinen Dorf zu einer Stadt, später Stadtteil, mit über 30 000 Einwohnern entwickelt.

Die Grube Von der Heydt, benannt nach dem preußischen Handels- und Finanzminister August Freiherr von der Heydt (1801–1874), wurde eigenständig von 1850 bis 1932 betrieben. Hier wurden 1862 erstmals die maschinelle Seilförderung installiert und die elektrische Signalvorrichtung eingesetzt.

Hans-Christian Herrmann, Leiter des Stadtarchivs Saarbrücken, von dem zehn der 18 Kapitel der Publikation stammen, behandelt in Kapitel IV „Burbach im Brennpunkt“ die soziale Frage und den Alltag während der Industrialisierung. Neben dem staatlichen Bergbau war die 1856 gegründete Burbacher

Hütte der größte Arbeitgeber in der Region. „Die Roheisenproduktion in Burbach sollte sich von 1861 zu 1905 fast verzwanzigfachen von 15 000 auf 288 000 Tonnen, die Beschäftigtenzahl erhöhte sich von 581 auf 4500“ (S. 47). Die Burbacher Hütte hatte sich mit zwei Eisenwerken 1911 zu den Vereinigten

Hüttenwerken Burbach, Eich, Düdelingen (Aciéries Réunies, ARBED) zusammengeschlossen.

Neben der technischen Entwicklung der Stahlherstellung, der Absatzgebiete und der betrieblichen Hierarchie geht Herrmann auf die Arbeitsbedingungen und die häuslich-familiäre Situation der Arbeiter ein. Die enorme Zuwanderung aus der Hunsrück und Eifelgegend verursachte äußerst beengte

Wohnverhältnisse. Häufig lebte eine Familie mit drei Kindern auf 15 bis 20 Quadratmetern, Fremde wohnten als Mietgänger in Haushalten. Hierbei werden Vergleiche zum Ruhrgebiet herangezogen. Gleiches gilt für die gewerkschaftliche Organisierung und das Streikverhalten. Der Deutsche Metallarbeiterverband versuchte 1903 im Saarrevier Mitglieder zu gewinnen und schickte Hans

Böckler (1857–1951), den späteren Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbunds, als

besoldeten Gewerkschafter an die Saar. 1906 ging das Eisenbahn-Ausbesserungswerk in Betrieb und beschäftigte bald 650 Mitarbeiter. Von 1920 bis 1935 wurde das Saargebiet von einer Regierungskommission des Völkerbunds verwaltet. Herrmann stellt die Politik der französischen Grubenadministration, die zu einer anti-französischen Haltung in weiten Teilen der Saarbevölkerung führte, detailliert dar. Burbach entwickelte sich zu einer Hochburg der KPD und des Zentrums.

Philipp Daub (1896–1976) wurde 1929 ins ZK der KPD gewählt. Am 13. Januar 1935 entschied sich die

Bevölkerung an der Saar mit überwältigender Mehrheit für den Anschluss an Hitler-Deutschland.

„Die Einsicht, dass der Nationalismus Völker gegeneinander aufhetzt, war eine Minderheitenerkenntnis, der die Mehrheit der Saarländer nicht folgen wollte“ (S. 148).

Die NS-Zeit nimmt einen breiten Raum ein. So hielt sich das ZK der KPD zeitweise im Saarland

auf. Max Waltz (1889–1964), Liga für Menschenrechte, richtete bei der Grube Von der Heydt Baracken und Schlafhäuser für Emigranten ein. Die Kommunistin Lore Wolf REZENSIONEN 967 ZFG 67 (2019) 11

(1900–1996) unterstützte die „Rote Hilfe“.

Neben den sozialdemokratischen Widerstandskämpfern – Heinrich Barth (1895–1949), Josef Mildenberger (1905–1959), Max Braun (1892–1945) – wird auch der katholische Widerstand thematisiert, vertreten durch den Schriftsteller Werner Reinert (1922–1989) und die Brüder Heinz (1916–1990) und Willi Bollinger (1919–1975), die Willi Graf (1918–1943) und die „Weiße Rose“ aktiv unterstützt hatten.

Gründlich wird das lange Zeit vernachlässigte Thema Zwangsarbeit behandelt. Im Juli 1940 waren 100 französische Kriegsgefangene auf der Burbacher Hütte dienstverpflichtet, 1941 600 und 1942 ca. 2000 Zwangsarbeiter. Auch diese Thematik wird prägnant in den historischen Kontext eingeordnet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Saarland von 1947 bis 1956 ein autonomer Staat mit wirtschaftlichem Anschluss an Frankreich. Auch dieser Abschnitt der Burbacher Wirtschaftsgeschichte

wird auf hohem Niveau dargelegt, wobei die Standortnachteile der Saar im Vergleich zu anderen Regionen und die Folgen der Kohle- und Stahlkrise sowie ihre Lösungsversuche aufgezeigt werden. 1971 fusionierte die Burbacher Hütte mit der Völklinger Hütte. Das Unternehmen, an dem ARBED

und die Familie Röchling als Eigentümer der Völklinger Hütte je hälftig beteiligt waren, firmierte

unter Stahlwerke Röchling-Burbach GmbH. 1975, zu Beginn der Stahlkrise, waren in Burbach rund 6000 Menschen beschäftigt. 1982 fusionierten die Stahlwerke R.chling-Burbach GmbH mit der Neunkirchen Eisenwerk AG zur neuen ARBED-Saarstahl GmbH.

Die Burbacher Hütte kam nachfolgend sukzessive zum Stillstand, mit Ausnahme der Drahtstraße mit rund 1000 Arbeitsplätzen. Es folgte der Aufbruch in eine neue Ära mit Arbeitsplätzen im Bereich von Dienstleistung, Mediengesellschaft und Informationstechnologie.

„Burbacher Gold“ beschreibt diesen Prozess ausführlich.

Veronika Kabis und Hans-Christian Herrmann zeigen in ihrem Beitrag, wie Migration den Stadtteil Burbach bewegt und verändert hat. Ruth Bauer schildert in zwei Aufsätzen Burbachs städtebauliche Entwicklung bis 1945 bzw. ab 1945. Die reich bebilderte Publikation ist ein wichtiger Beitrag zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte einer industriell geprägten Kommune.

Franz Josef Schäfer

 

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