Stephan Friedrich – Schwarzrock. Das Leben des Indianermissionars Joseph Jene.
»Kein Mensch ist eine Insel«
Joseph Jenes Leben als Missionar im Spannungsfeld zwischen indianischer Tradition, Kulturverlust und der Notwendigkeit, den Menschen zu helfen, ist sehr ungewöhnlich. Sein Weg als Priester und Missionar führt ihn zu den von der Welt vergessenen Sioux-Indianern in South Dakota, die in ihm einen wahren Fürsprecher und Freund finden, der ihnen spirituell mit den Möglichkeiten eines katholischen Kirchenmanns, aber auch materiell mit hohem persönlichen Einsatz aus ihrem Elend helfen will.
»Kein Mensch ist eine Insel«, der ohne Verbindungen nach außen leben und handeln kann. Daher wird Joseph Jenes Biografie nicht reduziert auf die Chronologie seines Lebens und Arbeitens, sondern erweitert in der Auseinandersetzung mit der ihn umgebenden Welt und in seiner Begegnung mit einfachen Menschen und herausragenden Persönlichkeiten, die eine Strecke des Weges mit ihm gingen. Ihre Einflüsse auf sein Denken, seine Erfahrungen und sein Leben lassen sich nicht immer präzise fassen, weil es an Quellen mangelt und seine eigenen Aufzeichnungen leider fragmentarisch sind. Doch ein reichhaltiger Schatz sind die Fotografien, die er hinterließ und die durch die Hände seiner Schwester Maria Teil dieses Buches geworden sind. Sie erzählen kleine Geschichten, dokumentieren seine Arbeit und vervollständigen seine Worte zu einem zwar immer noch lückenhaften Lebensbild, aber sie erhellen viele Einzelheiten seines Lebens. Joseph Jene lernte einen anderen Kulturkreis kennen, setzte sich mit Menschen auseinander, deren Denken ihm fremd war und deren Sprache er nicht sprach, doch auch Ungesagtes kann verbinden und Hilfe akzeptieren. Humanität überwindet viele Hindernisse und führt zur Gemeinsamkeit. Jene lernte viele Mitbrüder kennen, die aus ähnlichen Motiven wie er in die Mission gegangen waren, Bischöfe mit Visionen für die Zukunft und Unterstützer aus katholischen Gemeinden in den USA. Menschen wie Pater Eugene Buechel erweiterten seinen Blick auf die Religion und Kultur der Indianer und die alten Häuptlinge und Krieger ließen ihn bewusst und unbewusst an ihrer Vergangenheit teilhaben, die die Vernichtung ihrer Lebensweise mit sich gebracht hatte und ihr Volk dazu zwang, ein neues Leben in einer veränderten Welt anzunehmen. Obwohl die alte Lebensweise der indianischen Stämme schon einige Jahrzehnte der Vergangenheit angehörte, war sie spirituell immer noch präsent, als der junge Missionar in die Prärie reiste, erfüllt von Erwartungen, Klischees und wahrscheinlich Ängsten, der großen Aufgabe vielleicht nicht gewachsen zu sein.
Stephan Friedrich
Schwarzrock. Das Leben des Indianermissionars Joseph Jene.
Format 17x24 cm. Broschur. ISBN 978-3-941095-53-3. EUR 19,00
Rezensionen zum Buch
Aus der Zeitschrift »AMERINDIAN RESEARCH. Zeitschrift für indianische Kulturen von Alaska bis Feuerland / Magazine for Indian Cultures from Alaska to Tierra del Fuego. ISSN 1862-3867«
Eine sehr interessante Publikation legt Stephan Friedrich hier vor. Er stellt den Indianermissionar Joseph Jene vor, der aus Illingen im Saarland stammt, wo er am 1. Dezember 1902 geboren wurde. Nach einer
Ausbildung als Priester ging er 1933 in die USA, um dort als Mitglied des Herz-Jesu-Ordens bei der Missionierung auf einer Indianerreservation tätig zu werden. Er wirkte von 1935 bis 1948 als Missionar auf der Cheyenne-River-Reservation in South Dakota. Hier lebten damals wie heute Lakota-Sioux. Seine erste Station war der Verwaltungsort Cheyenne Agency; 1948 wurde er dann innerhalb der Reservation umgesetzt und kam nach Dupree. Dort blieb er bis 1966. Im Buch gibt es eine Karte der Reservation, auf der allerdings nur der Ort Dupree, nicht aber Cheyenne Agency verzeichnet ist.
Jene stellte selbst einen Antrag, wieder nach Deutschland zurückkehren zu dürfen. Seit 1967, nach 33 Jahren in den USA, wirkte er dann als Pfarrer in Palzem an der Mosel, direkt an der Grenze nach Luxemburg.
Dank der umfangreichen Aufzeichnungen, der vielen Publikationen und eines umfangreichen Foto-
Archivs, welches die Schwester dem Autor des Buches übergab, konnte Friedrich eine sehr detaillierte und faktenreiche Darstellung schreiben, die Einblick in die Arbeit eines Missionars während der 30er, 40er und 50er-Jahre gibt, eine Zeit, die lange nach den großen Umbrüchen in den indianischen Gemeinschaften stattfand, aber nicht weniger interessant ist. Zwar konzentriert sich Friedrich in seiner Darstellung vor allem auf den deutschen Missionar, jedoch erfährt der Leser vieles über die Situation der Lakota-Sioux in den Jahren von 1935 bis 1966, lange nach der Einrichtung der Reservationen und lange genug vor der Besetzung von Wounded Knee, um alltägliches zu erfahren, das sonst nie für deutsche Leser zugänglich ist.
Ein umfangreicher Anhang informiert zudem über zahlreiche weitere Missionare, die Joseph Jene kennengelernt hat. Eine wahre Fundgrube ist die Fotosammlung, die in diesem Buch präsentiert wird.
Rezensionen AmerIndian Research, Bd. 15/1 (2020), Nr. 55 55 Stephan Friedrich hat eine sehr gut recherchierte und ungewöhnliche Geschichte aufgeschrieben, die für viele Leser von Amerindian Research von großem Interesse sein dürfte.
Dr. Mario Koch